Wasserstoffautos: Wie funktionieren sie – und haben sie eine Zukunft?
Das Ziel ist klar: Die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich müssen rasch und deutlich sinken. Als Lösung dafür hält sich neben dem konventionellen Elektroauto auch das Wasserstoffauto im Gespräch. Zu Recht? Ein Blick auf seine Chancen für die Zukunft.
Publiziert 16.09.2025 Lesedauer 9 minNur gerade drei Wasserstoffautos wurden im ersten Halbjahr 2025 in der Schweiz neu zugelassen – und das nicht etwa pro Tag, sondern insgesamt (Quelle: auto-schweiz). Um diese Zahl einzuordnen: Im gleichen Zeitraum verkauften die Schweizer Autohändler 23 203 batterieelektrische Personenwagen. Wasserstoffautos und Wasserstoff als Treibstoff sind derzeit also weit davon entfernt, sich am Markt durchzusetzen. Wird sich das noch ändern?
So funktioniert ein Wasserstoffauto
Heutige Wasserstoffautos heissen auch Brennstoffzellenautos. Sie werden durch einen Elektromotor angetrieben – zählen also zu den Elektrofahrzeugen, wie der englische Begriff «Fuel Cell Electric Vehicle» (FCEV) verdeutlicht.
Was unterscheidet ein Wasserstoffauto von einem konventionellen Elektroauto? Es lädt den Strom für den Elektromotor nicht an einer Ladestation und hat deshalb auch keinen Ladeanschluss. Stattdessen produziert das Wasserstoffauto den benötigten Strom direkt während der Fahrt mithilfe seiner Brennstoffzelle.
Diese funktioniert wie ein kleines Kraftwerk: In einem chemischen Prozess reagiert der getankte Wasserstoff mit Sauerstoff. Dabei entstehen Strom, Wärme und Wasser. Aus dem Auspuff strömt bloss Wasserdampf.
Der produzierte Strom wird je nach der aktuellen Motorenleistung direkt vom Elektromotor verbraucht oder in einer kleinen Batterie zwischengespeichert. Zudem kann ein Wasserstoffauto genau wie ein batterieelektrisches Auto Bremsenergie zurückgewinnen und speichern.
Was ist Wasserstoff und wie wird er hergestellt?
Wasserstoff ist ein farbloses, geschmacksneutrales und geruchsloses Gas. In der Natur kommt es üblicherweise nicht in reiner Form vor, sondern nur gebunden als Bestandteil grösserer Moleküle. Die bekannteste und häufigste Wasserstoffverbindung ist das Wasser (Quelle: www.wasserstoffostschweiz.ch).
Wasserstoff lässt sich auf verschiedene Arten herstellen. Am gängigsten sind heute die folgenden zwei Verfahren:
Dampfreformierung: Erdgas wird erhitzt und mit Wasserdampf vermischt. Dabei entstehen Wasserstoff und CO2.
Elektrolyse: Wasser wird durch den Einsatz von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Wird erneuerbarer Strom verwendet, ist auch die Rede von grünem Wasserstoff.
In Brennstoffzellenfahrzeugen wird der gasförmige Wasserstoff unter hohem Druck im Tank gespeichert. Denn nur durch diesen Druck erreicht er eine hohe Energiedichte, sodass sich im kompakten Tank genügend Energie für eine alltagstaugliche Reichweite speichern lässt. Bei Personenwagen beträgt der Druck 700 bar, bei Nutzfahrzeugen hingegen nur 350 bar. Der Grund dafür: Bei Lastwagen besteht genügend Platz, um einen grösseren Tank im Fahrzeug unterzubringen. Daher muss der Wasserstoff weniger stark komprimiert werden.
Die Vorteile der 350-bar-Technik
Die 350-bar-Technik für Nutzfahrzeuge hat vor allem bei den Tankstellen wesentliche Vorteile: Nicht nur die Investitionskosten fallen – etwa wegen der weniger anspruchsvollen Sicherheitstechnik – deutlich geringer aus. Wegen des geringeren Energieverbrauchs für die Verdichtung kostet auch der Betrieb weniger (Quelle: Forschungsprojekt H2ORIZON).
Aktuelle Wasserstoffautomodelle auf dem Markt
In der Schweiz wird derzeit nur ein einziges Wasserstoffauto angeboten: der Toyota Mirai (Quelle: www.verbrauchskatalog.ch, Stand: August 2025). Dieses Modell der oberen Mittelklasse wird seit 2020 produziert.
Derzeit nicht mehr verkauft wird der Hyundai Nexo. Auf der Website kündigt Hyundai allerdings bereits eine neue Generation dieses Wasserstoffautos an (Quelle: www.hyundai.com/de).
Zudem hat BMW im Herbst 2024 bekannt gegeben, im Jahr 2028 das erste in Serie produzierte Brennstoffzellenfahrzeug auf den Markt zu bringen. Entwickelt wird es gemeinsam mit Toyota (Quelle: www.bmw.com/de).
Vor- und Nachteile von Wasserstoffautos
Vorteile:
Lokal emissionsfrei: Wasserstoffautos stossen im Betrieb kein CO2 und keine schädlichen Abgase aus (Quelle: www.h2mobilitaet.ch). Ihre gesamte Ökobilanz hängt primär davon ab, wie der benötigte Wasserstoff produziert wird (siehe «Ökobilanz von Wasserstoffautos»).
Wasserstoff als Speichermedium: Im nachhaltigen Energiesystem der Zukunft mit viel Wasserkraft, Solarstrom und Windenergie entsteht zu gewissen Zeiten überschüssiger Strom. Grüner Wasserstoff bietet sich als Zwischenspeicher an, der diese Energie für die Mobilität nutzbar macht (Quelle: www.h2mobilitaet.ch).
Schnelles Tanken: Im Vergleich zu den heutigen Ladezeiten bei batterieelektrischen Autos erfordert das Tanken von Wasserstoff viel weniger Zeit. Der BMW iX5 Hydrogen (Pilotfahrzeug) zum Beispiel ist in nur drei bis vier Minuten wieder vollgetankt (Quelle: www.bmw.com/de).
Hohe Reichweite: Die Praxisreichweite von Wasserstoffautos ist ähnlich hoch wie bei Autos mit Benzinmotor. Beim Toyota Mirai zum Beispiel beträgt die Reichweite 650 km (Quelle: www.toyota.ch). Zudem ist die Reichweite von Wasserstoffautos – anders als bei den heutigen konventionellen Elektroautos – unabhängig von der Aussentemperatur; sie nimmt bei tiefen Temperaturen also nicht ab (Quelle: www.bmw.com/de).
Hoher Fahrkomfort: Wie alle Elektroautos überzeugen Wasserstoffautos durch ein ruhiges Fahrerlebnis und eine nahezu geräuschlose Beschleunigung.
Hohe Zuladung: Dieser Vorteil ist ausschliesslich für Nutzfahrzeuge relevant. Denn bei ihnen entscheidet die Zuladung über die Alltagstauglichkeit. Während sie bei batterieelektrischen Lkws wegen der schweren Batterie meist geringer ausfällt, hat der getankte Wasserstoff keinen signifikanten Einfluss auf die Zuladung (Quelle: www.h2-mobility.de).
Nachteile:
Minimales Modellangebot: Derzeit ist in der Schweiz nur ein einziger Personenwagen mit Brennstoffzelle erhältlich.
Hoher Anschaffungspreis: Mit einem Preis ab CHF 68 000.– ist der Toyota Mirai für viele Autokäufer*innen keine Option (Quelle: www.verbrauchskatalog.ch, Stand: August 2025).
Hohe Treibstoffkosten: Beim Toyota Mirai zum Beispiel betragen die Wasserstoffkosten für 100 km Fahrt rund CHF 15.45 (Verbrauch: 0,79 kg Wasserstoff pro 100 km, durchschnittlicher Wasserstoffpreis in der Schweiz: CHF 19.55 pro kg, Quellen: www.toyota.ch und www.glpautogas.info, Stand: August 2025). Zum Vergleich: Beim batterieelektrischen Toyota bZ4X fallen die Ladekosten an Schnellladestationen für 100 km Fahrt mit CHF 9.40 um rund 40 Prozent tiefer aus (Verbrauch: 15,9 kWh Strom pro 100 km, Preis Schnellladestationen Gofast: 59 Rp./kWh, Quellen: www.toyota.ch und gofast.swiss, Stand: August 2025). Wird das konventionelle Elektroauto zu Hause geladen, ist der Kostenvorteil noch grösser.
Tiefer Wirkungsgrad: Während das batterieelektrische Auto einen Gesamtwirkungsgrad von rund 80 Prozent erreicht, beträgt er beim Wasserstoffauto nur gerade 25 bis 35 Prozent (Quelle: Bundesverband der Deutschen Industrie, www.bdi.eu). Das Brennstoffzellenfahrzeug ist also keine energieeffiziente Technologie.
Ökobilanz von Wasserstoffautos
Um die Ökobilanz von Autos beurteilen zu können, müssen alle Treibhausgasemissionen während des ganzen Lebenszyklus berücksichtigt werden – von der Herstellung des Fahrzeugs und des Treibstoffs über den Betrieb bis hin zum Recycling.
Beim Wasserstoffauto entscheidet vor allem die Produktion des Wasserstoffs über die gesamten Emissionen. Das zeigt eine Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) aus dem Jahr 2025. Sie kommt zum Schluss: Wird der Wasserstoff mit erneuerbarem Strom hergestellt, fallen die Treibhausgasemissionen über den Lebenszyklus mit 50 g/km um bis zu 79 Prozent tiefer aus als bei einem vergleichbaren Benzinfahrzeug. Stammt der Wasserstoff hingegen aus fossilem Erdgas, schneidet das Wasserstoffauto zwar immer noch besser ab, aber mit 175 g/km nur um rund 26 Prozent (Quelle: ICCT).
Zu ähnlichen Werten kommt eine vergleichbare Studie der österreichischen Forschungsgesellschaft Joanneum Research aus dem Jahr 2022. Diese hat die Treibhausgasemissionen für den Lebenszyklus eines Wasserstoffautos der Kompaktklasse ermittelt: Bei Wasserstoff aus Windenergie resultierte ein Wert von 67 g/km, bei Wasserstoff aus Erdgas ein Wert von 179 g/km (Quelle: www.adac.de).
Gibt es genug Tankstellen für Wasserstoffautos?
In der Schweiz sind derzeit 18 Wasserstofftankstellen in Betrieb und eine weitere im Bau (Quelle: www.h2mobilitaet.ch, Stand: August 2025). 16 dieser Tankstellen befinden sich in der Deutschschweiz, grösstenteils im Mittelland. In vielen Gegenden der Schweiz steht derzeit also keine Wasserstofftankstelle in einer für Personenwagen praktikablen Distanz bereit.
Der Förderverein H2 Mobilität Schweiz verfolgt das Ziel, in der Schweiz ein flächendeckendes Netz an Wasserstofftankstellen aufzubauen. Dabei liegt der Fokus auf 350-bar-Tankstellen für Nutzfahrzeuge. Denn gemäss dem Verein reicht der Einsatz von zehn schweren Nutzfahrzeugen oder Bussen, um eine Wasserstofftankstelle wirtschaftlich zu betreiben (Quelle: www.h2mobilitaet.ch). Der Schwerpunkt des Vereins bedeutet im Umkehrschluss: Ein flächendeckendes Netz an 700-bar-Tankstellen für Personenwagen zeichnet sich in der Schweiz nicht ab.
Die Zukunft von Wasserstoffautos
Um Wasserstoffautos in Zukunft markttauglich zu machen, müssten mehrere grosse Autokonzerne die Brennstoffzellentechnologie intensiv weiterentwickeln. Von den wenigen Herstellern, die bisher auf Brennstoffzellenfahrzeuge gesetzt haben, ist allerdings gerade ein bedeutender aus der Technologie ausgestiegen: Stellantis (Citroën, Fiat, Opel, Peugeot etc.) hat im Sommer 2025 bekannt gegeben, das Entwicklungsprogramm für Brennstoffzellen einzustellen und die geplanten leichten Lieferwagen mit Wasserstoffantrieb nicht zu bauen. Der Konzern begründet seinen Entscheid damit, dass der Wasserstoffmarkt ein Nischensegment ohne Aussicht auf mittelfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit bleibe (Quelle: media.stellantis.com).Optimistischer bezüglich Wasserstoffautos zeigt sich derzeit vor allem noch BMW. Auf seiner Website schreibt das Unternehmen, es sei davon überzeugt, «dass Wasserstoff einen zunehmend wichtigeren Beitrag zu nachhaltiger Mobilität als Ergänzung zu Batteriefahrzeugen leisten kann». BMW nennt zwei Bedingungen dafür: erstens die geeignete Wasserstoffinfrastruktur mit einem günstigen Wasserstoffpreis und zweitens sinkende Fahrzeugpreise (Quelle: www.bmw.com/de).Toyota wiederum verlagert den Schwerpunkt der Brennstoffzellenentwicklung wegen der geringen Nachfrage nach dem Toyota Mirai vorerst von Personenwagen auf Nutzfahrzeuge (Quelle: www.ecomento.de). Unter anderem wegen der günstigeren 350-bar-Technologie stehen in diesem Segment die Zukunftschancen von Brennstoffzellenfahrzeugen besser.
Fazit
Haben Wasserstoffautos eine Zukunft? Technisch gesehen hat der Brennstoffzellenantrieb ein grosses Potenzial für die nachhaltige Mobilität. Allerdings müssten dazu mehrere Bedingungen erfüllt sein: mehr Automodelle, mehr grüner Wasserstoff aus erneuerbarem Strom, mehr Wasserstofftankstellen.Doch gerade bei diesen zeigt sich das Huhn-Ei-Problem, das schon bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur für konventionelle Elektroautos aufgetreten ist. Allerdings mit zwei wesentlichen Unterschieden: Die Investitionen für Wasserstofftankstellen fallen pro Standort höher aus als für öffentliche Ladestationen. Und die Kombination von privater und öffentlicher Infrastruktur, die für den Durchbruch der konventionellen E-Autos entscheidend war, gibt es für Wasserstoffautos nicht.
Um dennoch eine Zukunft zu haben, müssten Wasserstoffautos oder Wasserstofftankstellen also staatlich gefördert werden. Zumindest in der Schweiz zeichnet sich dies aber nicht ab. Der Bundesrat hat in seiner Wasserstoffstrategie vom Dezember 2024 lediglich eine untergeordnete Massnahme zur Wasserstoffmobilität skizziert: die Bereitstellung des Flächenbedarfs für Wasserstofftankstellen entlang der Nationalstrassen.
Angesichts dieser Ausgangslage spricht vieles dafür, dass sich unter den Autos mit Elektroantrieb das konventionelle Elektroauto und nicht das Wasserstoffauto durchsetzen wird. Oder wie es der bekannte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer im Sommer 2025 gegenüber dem Fernsehsender NTV sagte: «Das Wasserstoffauto ist dem batterieelektrischen in allen Bereichen schlicht unterlegen: in technischer Hinsicht, in der Umweltbilanz, der Energieeffizienz, bei den Kosten und der Infrastruktur» (Quelle: www.n-tv.de).
Häufige Fragen zum Thema Wasserstoffauto
Ein Wasserstoffauto wandelt den getankten Wasserstoff in einer Brennstoffzelle in Strom um, der dann den Elektromotor antreibt.
Wasserstoffautos sind nur lokal emissionsfrei. Wie bei allen Autos entstehen gesamthaft betrachtet erhebliche Treibhausgasemissionen. Wird der getankte Wasserstoff mit erneuerbarem Strom produziert, fallen die Emissionen allerdings deutlich geringer aus als bei Benzinautos (siehe «Ökobilanz von Wasserstoffautos»).
Beim Toyota Mirai zum Beispiel betragen die Wasserstoffkosten für 100 km Fahrt in der Schweiz derzeit (Stand: August 2025) rund 15 Franken (Details siehe «Vor- und Nachteile von Wasserstoffautos»).
Die wichtigsten Gründe gegen Wasserstoffautos sind derzeit das minimale Modellangebot, der hohe Anschaffungspreis, die hohen Treibstoffkosten und der tiefe Wirkungsgrad (siehe «Vor- und Nachteile von Wasserstoffautos»).
Wasserstoffautos müssen die gleich strengen europäischen Sicherheitsnormen bezüglich Crashtests erfüllen wie alle Personenwagen. Zusätzlich gelten hohe Sicherheitsanforderungen für alle Bauteile des Wasserstoffsystems. Für diese sind diverse Prüfungen vorgeschrieben. Bei Unfall- und Crashtests haben Wasserstoffautos nicht schlechter abgeschnitten als konventionelle Autos. (Quelle: www.adac.de).
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