Der Traum des chinesischen Sonnenkönigs

Ming Huangs Traum einer komplett solarbetriebenen Stadt begann mit der Geburt seiner Tochter. Mehr als dreissig Jahre später wird in Solar Valley im Westen Chinas gelebt, gearbeitet und geforscht.

Das Hauptgebäude des Solar Valley in China.

«Sonnenkönig» wird Ming Huang gerne genannt. Und das, obwohl er weder Perücke noch Seidenstrümpfe trägt, keinerlei feudale Herrschaftsansprüche stellt und auch sonst vermutlich kaum Eigenschaften seines französischen Namensvetters König Louis XIV. teilt. Nein, den Beinamen verdiente sich der chinesische Ingenieur, Unternehmer und Politiker, indem er unter anderem das grösste Solarprojekt der Volksrepublik initiierte: Solar Valley. Nahezu jedes Gebäude der 6-Millionen-Einwohner-Stadt Dezhou im Nordosten des Landes verfügt dank des Mammutprojektes mittlerweile über Solaranlagen. Solares Herzstück der Stadt ist das sogenannte Solar Valley –benannt nach dem kalifornischen Silicon Valley –, dessen Energie zu 100 Prozent durch die Sonne generiert wird.

 

Solarenergie statt Kohle

China ist für fast 30 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich und hinterlässt mit mehr als zehn Milliarden Tonnen jährlich den grössten CO2-Fussabdruck der Welt. Gleichzeitig arbeitet das Land ehrgeizig an der Energiewende. Im Bereich der erneuerbaren Energien war China 2020 für fast die Hälfte des weltweiten Kapazitätszubaus verantwortlich. Zwar ist Kohlekraft immer noch der Hauptenergielieferant der Volksrepublik, bis 2030 allerdings ist geplant, den Anteil nichtfossiler Energien auf 25 Prozent auszubauen. Solar Valley ist ein unübersehbarer Beweis dafür, dass die Chinesen es ernst meinen.

 

Ming Huang, Vorsitzender der Himin Solar Co. Ltd, posiert vor Solaranlagen.

Sonnenkönig Ming Huang im Solar Valley von Dezhou.

Die Idee für die Solarstadt entstand bereits 1987. Damals bewegte den 29-jährigen Huang die Geburt seiner Tochter zum Umdenken. Er habe sich ihr gegenüber schuldig gefühlt, die mit den Folgen der Umweltzerstörung leben müsse. Um seiner neugeborenen Tochter eine bessere Zukunft zu ermöglichen, begann er, sich mit Sonnenenergie zu beschäftigen. Zunächst tat er dies im Verborgenen und arbeitete vorerst weiterhin in der Ölindustrie, um seine Forschungen zu finanzieren.

 

100% Solarenergie

Sein Traum: eine Stadt zu erschaffen, die Strom und Wärme vollständig aus Solarenergie produziert. 20 Jahre später war dieser Traum Wirklichkeit. Geholfen hat neben der Vision und Beharrlichkeit Huangs auch die Tatsache, dass er «nebenbei» mit Himin Solar eines der weltweit grössten Unternehmen für Solarheizungen aufgebaut hatte.

Aufgehört zu träumen allerdings hat Huang nicht. Dezhou soll nichts weniger als das grösste Solarzentrum der Welt werden. Hierfür gab er ein Kongresszentrum in Auftrag, baute mehrere Modellsiedlungen und einen Vergnügungspark. Die Ampeln und Strassenlaternen im Zentrum der Stadt beziehen ihren Strom bereits durch Solarpanels. Sogar die mobilen Köche auf den Strassen Dezhous nutzen portable Solaranlagen. Ausserdem gibt es ein Solar-Museum. Funfact: Unter den Ausstellungsstücken befindet sich eine Solarzelle vom Dach des Weissen Hauses in Washington, die US-Präsident Jimmy Carter in den 1970er-Jahren installieren liess.

 

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«Alternativer Nobelpreis» für den Sonnenkönig

Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit gehen in Dezhou Hand in Hand. Mehr als 100 Energiefirmen haben mittlerweile eine Niederlassung im Solar Valley. Er war es auch, der als Abgeordneter des Nationalen Volkskongresses das Gesetz zu den Erneuerbaren Energien verfasste, das 2006 in China in Kraft trat. Für seine Leistung im Bereich der klimafreundlichen Solarenergie erhielt der Solarpionier 2011 den «Alternativen Nobelpreis», den Right Livelihood Award. Ob China durch die Förderung der Solarenergie seinem Nachbarland Japan den Ruf als «Land der aufgehenden Sonne» streitig machen möchte, ist nicht bekannt. Wohl aber, dass das viertgrösste Land der Erde dabei ist, dem Westen zu zeigen, was im Bereich der Solarenergie alles möglich ist.

 

Ein Arbeiter steht inmitten von Solaranlagen auf dem Dach des Micro-E Hotels.

Ein Arbeiter auf dem Dach des Micro-E Hotels, dem größten solarbetriebenen Hotel der Welt.

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