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Pilotprojekt mit Augmented Reality

Das Zürcher Niederdorf erhält derzeit neue Werkleitungen. Und es ist Schauplatz einer Premiere: Ein Netzmeister von Energie 360° nutzt zum ersten Mal Augmented Reality (AR), um die unterirdischen Gasleitungen vor dem Bauen zu markieren.

Publiziert 06.02.2024 Lesedauer 3 min

Ein Mann mit neongelber Leuchtweste zieht die Blicke der Leute auf sich, die an diesem sonnigen Novembernachmittag am Zürcher Limmatquai flanieren. Es sind das Headset mit Brille und seine Fingerbewegungen in der Luft, welche die Vorbeigehenden zum Lächeln bringen oder irritieren. Einige bleiben gar stehen und schauen dem Geschehen interessiert zu.


Der auffällige Mann ist Raphael Brandner, Netzmeister bei Energie 360°. Er und sein Team sind für die Sanierung der Gasleitungen im Nieder- und Oberdorf zuständig. Weil ihn digitale Innovationen begeistern, hat er sofort zugesagt, als ihn sein Kollege Martin Seger vom Team Netzdokumentation für ein Pilotprojekt anfragte. In diesem Projekt will Energie 360° die Augmented-Reality-Anwendung des Start-ups V-Labs testen. Heute ist es soweit: Raphael Brandner trägt zum ersten Mal eine AR-Brille. Damit soll er oberirdisch die Gasleitungen einzeichnen, die unter dem Boden durchlaufen. Es sind Leitungen, die Energie 360° im Winter 2024 erneuern wird. Die Markierungen zeigen auf, wo die Tiefbaufachleute die Leitungen freilegen müssen.

Fingerklick in der Luft

Martin Seger weiss bereits, wie die AR-Brille funktioniert, und gibt sein Wissen an Raphael Brandner weiter. Zuerst gilt es, das Programm zu starten – was bereits aussergewöhnlich ist. Denn das Bedienfeld sieht Raphael nur durch seine Brille. Die gleiche Ansicht wird ausserdem auf Martins Tablet angezeigt. Los geht’s per Fingerklick in der Luft. Neben der normalen Umgebung erscheinen jetzt Linien und Knotenpunkte in seinem Sichtfeld: Die Gasleitungen unter dem Pflasterstein werden für ihn sichtbar. «Jetzt musst du die Satellitengenauigkeit abrufen», erklärt Martin Seger seinem Kollegen. Dabei erfahren die beiden, dass die Genauigkeit der gezeigten Linie fünf Zentimeter beträgt. Das passt, Raphael kann die Markierungen auf den Boden sprayen.

Neu versus alt

«Die Satellitengenauigkeit ist matchentscheidend», erklärt Martin Seger. «Bis zehn Zentimeter Genauigkeit ist in Ordnung, alles was darüber ist, ist zu ungenau.». Martin Seger geht davon aus, dass sie künftig 90 Prozent aller durch Energie 360° betriebenen Leitungen mittels AR-Technologie markieren können. Bei den restlichen zehn Prozent kommt nach wie vor die traditionelle Methode zum Einsatz: Die Geomatiker bereiten die Leitungsdaten aus dem Geoinformationssystem auf und benutzen einen sogenannten Theodolit, um die Leitungen auf dem Boden einzuzeichnen. Ein Vorgang, der wesentlich mehr Arbeits- und Koordinationsaufwand bedeutet. Das soll sich nun ändern. Zwei Monteure aus Raphaels Team werden die AR-Brillen ein Jahr lang testen und die Markierungen vor den Bauarbeiten jeweils selbst anbringen. Verläuft die Testphase positiv, werden die AR-Brillen künftig standardmässig eingesetzt.

  • Die Mitarbeitenden von Energie 360° Raphael Brandner und Martin Seger testen eine Augmented-Reality-Anwendung. Sie vereinfacht es, unterirdische Gasleitungen für Bauarbeiten auf dem Boden einzuzeichnen.

  • Die Anwendung lässt sich per Fingerklick in der Luft steuern. Das Bedienfeld ist durch die AR-Brille sowie auf dem Tablet sichtbar.

  • Netzmeister Raphael Brandner nutzt die AR-Brille zum ersten Mal. Er findet es faszinierend zu sehen, wo die unterirdischen Gasleitungen durchlaufen.

  • Durch die AR-Brille sieht der Netzmeister, wo er die Markierungen auf dem Boden anbringen muss. Diese Information ist wichtig für die Tiefbaufachleute, die hier die Gasleitungen freilegen werden.

  • Die Augmented-Reality-Anwendung ermöglicht einen Blick unter die Pflastersteine. Sie zeigt, wo die Gasleitungen durchführen und wo sich die verbindenden Knotenpunkte befinden.

  • In Zukunft in 3D

    Martin Seger ist positiv gestimmt. Er hat in den vergangenen Jahren bereits etliche Systeme getestet, überzeugt hat ihn allerdings nur jenes des Start-ups V-Labs: «Die Projektion durch die Brille ist perfekt, überhaupt nicht verwackelt. Ebenso sind wir in der Lage, über die Cloud stets auf die aktuellsten Leitungsdaten zuzugreifen.» Ausserdem sei auf den Kundendienst von V-Labs jederzeit Verlass. Wo sieht er noch Verbesserungspotenzial? «Wir projizieren aktuell nur 2D-Daten auf die Strassenoberfläche. Uns fehlen grösstenteils die Höhenangaben der Leitungen», erklärt Martin. Längerfristig sei es das Ziel, ein BIM-Modell des Leitungsnetzes zu erstellen. Dabei handelt es sich um ein 3D-Modell, welches sämtliche relevanten Angaben zum Netz enthält. Bei Sanierungen oder beim Neubau von Leitungen erfassen die Geomatiker*innen deshalb seit einiger Zeit systematisch die Höhendaten.

    Auch Netzmeister Raphael Brandner ist nach seiner Augmented-Reality-Premiere zufrieden. «Mit der AR-Brille zu arbeiten, ist wirklich faszinierend», meint er. Und fügt ein wenig stolz hinzu: «Wir haben hier eine Vorreiterrolle. Es ist toll, dass wir solche Innovationen ausprobieren.»

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