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Vom kleinen Holzverbund zum Rückgrat der Wärmeversorgung

Der Energieverbund Embrach ist ein Vorzeigeprojekt. Und kann als Modell für weitere Gemeinden dienen. Warum, das erläutern Gemeindepräsidentin Rebekka Bernhardsgrütter und Denis Majstorovic, Gesamtprojektleiter von Energie 360°, im Interview.

Publiziert 07.10.2025 Lesedauer 5 min

Embrach verabschiedet sich Schritt für Schritt von fossilen Heizungen – dank zweier Energieverbünde und viel gemeinsamer Beharrlichkeit. Nun ist auch der Energieverbund Embrach Breiti West finalisiert. Gemeindepräsidentin Rebekka Bernhardsgrütter und Denis Majstorovic von Energie 360°, die die Realisierung von Beginn an begleitet haben, blicken bei diesem Projekt auf Highlights, prägende Hürden und einige Aha-Effekte zurück. Und erklären, warum gute Partnerschaften und eine saubere Werkkoordination fast so wichtig sind wie moderne Systeme.

Gemeinden setzen zunehmend auf Energieverbünde. In Embrach gibt es nun sogar zwei. Weshalb geht die Gemeinde Embrach diesen Weg, und wer profitiert davon?

Rebekka Bernhardsgrütter: Schon vor Jahren haben wir damit begonnen, öffentliche Gebäude mit einem kleinen, holzbeheizten Energieverbund zu beheizen. Das Holz dafür stammte aus unserem Wald. Irgendwann stellte sich uns aber eine Grundsatzfrage: Betreiben wir das weiterhin selbst – oder öffnen und professionalisieren wir das Konzept, damit auch Private und Gewerbe profitieren? Der Betrieb eines Energieverbunds ist keine Kernaufgabe einer Gemeinde. Deshalb haben wir ein Full-Contracting mit dem Ziel ausgeschrieben, Ausbau und Betrieb in professionelle Hände zu geben. Die Gemeindeversammlung hat die Auslagerung dann deutlich gutgeheissen. Energie 360° ging als Siegerin der Ausschreibung hervor.

Denis Majstorovic: Profiteur*innen sind heute Private, Wohnsiedlungen, Gewerbe und öffentliche Bauten. Vom Altersheim übers Frei- und Hallenbad, von Schulen bis zum Werkhof: Die Kundenstruktur ist bewusst durchmischt.

Erfolgreiche Zusammenarbeit: Gemeindepräsidentin Rebekka Bernhardsgrütter und Denis Majstorovic, lange Gesamtprojektleiter von Energie 360° in der neuen Energiezentrale Breiti West.

Energie 360° war also die richtige Partnerin für dieses Projekt. Wie sah die Zusammenarbeit konkret aus?

Bernhardsgrütter: Energie 360° bringt Erfahrung, Kapital und Betriebskompetenz ein. Für uns war klar: auslagern statt selbst betreiben – so bleibt die Gemeinde fokussiert, und die Kund*innen erhalten professionellen Service.

Majstorovic: Das Vertrauensverhältnis war entscheidend. Wir arbeiten seit 2016/2017 in denselben Konstellationen, mit gleichbleibenden Partnern in Planung und Bau. Diese personelle Konstanz ist Gold wert.

Die Zusammenarbeit steht und der Verbund läuft. Was zeichnet ihn in Sachen Technik und Betrieb besonders aus?

Majstorovic: Der Holzanteil ist sehr hoch, der Spitzenlastkessel mit der Ölfeuerung läuft selten. Wir bewegen uns in der Regel zwischen 90 bis 97 Prozent erneuerbarem Anteil und optimieren kontinuierlich den Betrieb. Die Übergabestationen liefern Energie für Heizung und Warmwasser, die Auslegung deckt Sommer-, Übergangs- und Winterlasten ab. Und wir haben Ausbauspielraum – aber ohne teure Überdimensionierung.

Bernhardsgrütter: Rund ein Drittel des Holzvolumens liefert unser Gemeindewald. Der Rest kommt vertraglich gesichert als Schweizer Holz, möglichst regional. Transparenz ist uns wichtig – auch, weil die Verbindung zum Wald hier sehr emotional ist: Die Leute gehen im Wald spazieren, sehen, wo Holz geschlagen wird und welches Holz für die Energieverbünde vorbereitet wird.

Heute versorgen die Verbünde einen Grossteil der Gemeinde. Wie hat sich das Projekt seit dem Start entwickelt?

Bernhardsgrütter: Als 2017 erste private Wärmeabnehmer:innen dazugekommen sind, haben die Sanierung und der Ausbau des ersten Verbunds «Breiti» begonnen. Aus einer Anfrage einer grossen Wohnbaugenossenschaft entstand dann der Energieverbund Embrach Nord, der seit 2020 in Betrieb ist. Parallel haben wir die Kapazität der Zentrale des ersten Verbunds verdoppelt – mit zusätzlichen Holzkesseln und einem Spitzenlastkessel.

Majstorovic: Wir sind etappenweise gewachsen. Heute decken wir flächenmässig rund 80 Prozent des Gemeinde-Perimeters ab. In Embrach Nord laufen drei Holzkessel, in Breiti mittlerweile ebenfalls drei – mit Reserveplatz für einen vierten.

  • «Wir sind eine für die Region typische Gemeinde und können für viele andere ein Vorbild sein.»

    Rebekka Bernhardsgrütter

    Gemeindepräsidentin Embrach

  • Welche Herausforderungen gab es während der Umsetzung – und wie wurden sie gelöst?

    Majstorovic: Bei einer so grossen Infrastruktur verläuft nie alles zu hundert Prozent reibungslos. Aber wir haben stets pragmatische Lösungen gefunden. Auch dank kurzer Informations- und Entscheidungswege zwischen Gemeinde, Planer*innen, Unternehmen und Kanton.

    Bernhardsgrütter: Wichtig war die Werkkoordination. Für die Fernwärmeleitungen müssen die Strassen aufgerissen werden. Deshalb haben wir die Sanierung von Wasser- und Abwasserleitungen, Energieversorgung, öffentlicher Beleuchtung, Telekommunikation und Strassenbelägen in denselben Strassen planerisch gebündelt, sodass möglichst alles gleichzeitig gemacht werden konnte. Dafür haben wir Budgets vorgängig gesichert und die Bevölkerung frühzeitig informiert. Die Belastung durch die vielen Baustellen war dennoch hoch – aber zeitlich so begrenzt wie möglich.

    Gab es im Projektverlauf Situationen, auf die Sie heute besonders stolz zurückblicken?

    Majstorovic: Ein Highlight war sicher, dass wir aus einem kleinen Verbund in kurzer Zeit ein leistungsfähiges, wachsendes Wärmenetz gebaut haben – getragen von einer sehr verlässlichen Partnerschaft mit der Gemeinde. Jeder kannte seine Rolle, alle zogen am selben Strang.

    Bernhardsgrütter: Für uns war die Vorbildfunktion der Gemeindeliegenschaften zentral. Dass wir schliesslich so viele Private als Kund*innen gewinnen konnten, freut mich besonders. Damit gelingt uns nach und nach die Ablösung der fossilen Energieträger. Denn Embrach hat keine Abwärmequellen, keinen See und keinen Fluss, wo man Wärme mit Wärmepumpen entnehmen könnte, und einen Gasanschluss gibt es auch nicht. Holz aus dem Gemeindewald ist deshalb eine wichtige lokale Ressource.

    Ist Embrach damit auch Vorbild für andere Gemeinden?

    Bernhardsgrütter: Ja, durchaus. Wir sind mit über 10 000 Einwohner*innen eine für die Region typische Gemeinde, und andere können sich durchaus an uns orientieren.

    Blick hinter die Kulissen: Bau der Energiezentrale bei der Sporthalle Breiti.

  • «Fernwärme ist Teamarbeit.»

    Denis Majstorovic

    Gesamtprojektleiter Energie 360°

  • Wie geht es künftig mit den Energieverbünden in Embrach weiter?

    Bernhardsgrütter: Jetzt stehen eine Betriebsoptimierung, die Verdichtung im bestehenden Perimeter und punktuell neue Anschlüsse an. Parallel treiben wir Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden voran (Eigenbedarfsfokus) und prüfen Grundwasserlösungen für Gebiete ausserhalb des Fernwärmenetzes – dort ist perspektivisch auch Kühlen interessant.

    Majstorovic: Der grosse Ausbau ist weitgehend erledigt. Jetzt geht es um Feinschliff und Kundennähe, damit die Erfolgsgeschichte nachhaltig weiterläuft.


    Wie ist Ihre persönliche Bilanz?

    Majstorovic: Fernwärme ist Teamarbeit. Man muss um jede Kundin und jeden Kunden werben, transparent sein – dann überzeugt die Lösung. Embrach ist für mich ein Vorzeigeprojekt, dessen Partnerschaftsmodell ich oft in andere Gemeinden getragen habe.

    Bernhardsgrütter: Es braucht einen langen Atem – und Menschen, die bleiben. Vieles lässt sich nicht auf dem Papier regeln. Entscheidend sind Vertrauen, Pragmatismus und der Wille, gemeinsam Lösungen zu finden.

    Mit den Energieverbünden Nord und dem neuen Breiti West deckt die Gemeinde Embrach nun 80 Prozent des Gemeinde-Perimeters ab.

    Kurz und knapp: Was Embrachs Energieverbünde auszeichnet

    Lokal und erneuerbar: hoher Holzanteil, Spitzenlast nur selten – Holz zu ca. einem Drittel aus dem Gemeindewald, Rest vertraglich gesichertes Schweizer Holz.

    Blick in die Zukunft: mehrere Holzkessel je Zentrale – Reserven für modularen Ausbau.

    Breiter Nutzen: Private, Gewerbe, öffentliche Hand – stabile Basisauslastung durch Arealanschlüsse.

    Starke Partnerschaft: Gemeinde × Energie 360° × Kanton × starke Unternehmer:innen – mit frühzeitiger Werkkoordination.
    Moderne Technik: optisch gelungene, mit Holzelementen verbaute und mit PV-Anlage ausgestattete Energiezentrale. 

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