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Stabl Energy: Ein Gamechanger für die Energiewende

70% weniger Energieverlust und 40% geringere Betriebskosten: Das Münchner Start-up Stabl Energy GmbH (Stabl Energy) macht Speichersysteme effizient und lukrativ. Die dynamische Speichertechnologie ermöglicht das Wiederverwenden von Batterien aus E-Autos.

Publiziert 11.01.2022 Aktualisiert 10.02.2023 Lesedauer 7 min

«Wandel fängt im Kleinen an», sagt Markus Förstl, seinerseits Head of Business Development des Münchner Start-ups Stabl Energy. Nicht weniger als den «Schlüssel zur Energiewende» nennen die Köpfe hinter Stabl Energy ihre Technologie. Gemeint sind damit modulare Multilevel-Wechselrichter, sogenannte MMC (engl. für modular multilevel converter). Das sind stationäre Batteriespeichersysteme, wie man sie beispielsweise für Solar- oder Windkraftanlagen nutzt. Im Vergleich zu zentralen Wechselrichtern, die heute den Status quo bei Stromspeichersystemen darstellen, bieten MMC einige wesentliche Vorteile.

Höhere Energieeffizienz und niedrigere Betriebskosten

Hervorzuheben ist vor allem die Energieeffizienz der MMC. 70% weniger Energieverlust und gleichzeitig 40% geringere Betriebskosten bei nahezu gleichen Investitionskosten. Das verspricht das 2019 gegründete Start-up Stabl Energy seinen Kund*innen. «In Deutschland und Europa wollen wir weg von Kohle, Gas und anderen fossilen Brennstoffen und hin zu erneuerbaren Energien. Aber die Sonne scheint nun mal nicht immer und der Wind weht auch nicht rund um die Uhr», sagt Förstl. Und erklärt damit die Notwendigkeit von Energiespeichern zur Versorgung der energetischen Grundlast.

  • «Durch die Technologie von Stabl Energy werden Batteriespeicher für viele Anwendungen auch finanziell attraktiv.»

    Metin Zerman

    Investment Manager Smart Energy Innovationsfonds

  • Diese Herausforderungen gelten natürlich ebenso für die Schweiz. Staatliche Förderungen wie die Einspeisevergütung wurden und werden immer weiter reduziert, sodass sich die Einspeisung von überschüssigem Strom ins Netz nicht mehr rentiert. Die Lösung sind Speicher, um die erwirtschaftete Energie selbst zu nutzen, statt die verbleibende Energie billig zu verkaufen. Und anschliessend möglicherweise wieder teuer hinzuzukaufen, wenn man sie braucht. Denn auch wenn die Schweiz im vergangenen Jahr überdurchschnittlich viele Sonnenstunden verzeichnete, geht auch hier irgendwann am Tag die Sonne unter.

    Eine App zu entwickeln wäre vielleicht einfacher gewesen, doch Markus Förstl ist überzeugt, dass er mit Stabl Energy auf dem richtigen Weg ist.

    Sieht man sich aktuelle Statistiken an, treffen die Jungunternehmer von Stabl Energy mit ihrer Technologie einen Nerv. In der Schweiz liegt der Anteil der Solarstromproduktion am Stromverbrauch mittlerweile bei rund sechs Prozent. Laut Bundesamt für Energie hat nicht nur der Photovoltaikausbau 2021 mit 43% Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr einen neuen Rekordwert erreicht. Auch Stromspeicher werden in der Schweiz immer beliebter. Die Anzahl neu installierter Batteriespeicher wuchs gegenüber dem Vorjahr um den Faktor 2,5. Rund jede dritte Photovoltaikanlage auf Einfamilienhäusern verfügt mittlerweile über einen solchen Speicher. Aber: Wirklich wirtschaftlich seien nur die wenigsten dieser Batteriespeicher, erklärt Förstl. «Im Privaten wird meist aus ideellen Motiven auf Solaranlagen umgerüstet. Man will nachhaltig und unabhängig sein. Das ist sicherlich auch bei vielen Unternehmen die Anfangsmotivation, aber unter dem Strich muss es sich eben auch finanziell lohnen», sagt Förstl. Dank Stabl Energy werden Stromspeicher künftig nicht nur wirtschaftlicher, sondern aufgrund der vergleichsweise niedrigen Betriebsspannung auch sicherer.

    Ein zweites Leben für die Autobatterie

    Ein weiterer Punkt, an dem Stabl Energy ansetzt, ist die Nachhaltigkeit. Elektroautos erfahren zurzeit einen wahren Boom. Trotz corona- und krisenbedingtem Rekordrückgang an Fahrzeugzulassungen in den letzten Jahren ist die Zahl der neu zugelassenen Elektroautos 2022 um über 25% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Elektroautos erreichen damit in der Schweiz einen Marktanteil von 17,8%, nach 13,3% im Vorjahr. Schwachpunkt dieser Elektroautos ist allerdings immer noch die Lithium-Batterie. Ihre Leistung lässt im Laufe der Zeit nach. Weil sich ein Batterierecycling nicht lohnt, wird meist das ganze Auto ausrangiert. Und das, obwohl moderne Lithium-Akkus bis zu dem Zeitpunkt meist noch rund 80% ihrer ursprünglichen Leistung erbringen. Für den ökologischen Fussabdruck eines E-Autos ist das nicht gerade förderlich. «Eine Autobatterie vor dem Ende ihres Lebens wegzuschmeissen, ist in etwa so, wie das Glas Nutella in den Abfall zu werfen, nachdem man gerade mal drei Brote damit geschmiert hat», finden die Unternehmer von Stabl Energy.

    Corporate Venture Capital: das Beste aus zwei Welten

    Der Smart Energy Innovationsfonds von Energie 360°ist ein Corporate-Venture-Capital-Fonds, der die Innovationskraft eines etablierten Unternehmens durch Kollaborationen mit Start-ups stärkt. Energie 360°spricht Corporate Venture Capital, um an Zukunftstechnologien zu partizipieren und Talente kennenzulernen. Die Start-ups ihrerseits erhalten – neben Kapital – Zugang zum Netzwerk und der Erfahrung.

    Bisher war das Second-Life-Konzept, also der Ansatz, Autobatterien ein zweites Leben einzuhauchen, nicht wirtschaftlich praktikabel, da die Aufbereitung zu arbeits- und zu kostenintensiv war. Werden mehrere Batterien in Reihe geschaltet, wirken sich leistungsschwächere Batterien negativ auf die Gesamtleistung aus. Fällt eine Zelle aus, setzt der gesamte Batteriepack aus. Einfach gesagt: Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Ein Batteriespeicher ist nur so leistungsfähig wie seine schwächste Komponente. Bei Stabl Energy werden die einzelnen Module statt statisch, dynamisch miteinander verbunden und können so unterschiedliche Leistungskapazitäten aus- und angleichen. Der von Stabl Energy entwickelte modulare Multilevel-Wechselrichter fungiert in diesem Zusammenhang wie ein Muskel, der die Batterie lädt und entlädt und sie mit dem Stromnetz verbindet. Aufwendige und kostenintensive Reparaturen werden dezimiert, was gerade hinsichtlich des Fachkräftemangels ein grosser Vorteil ist.

    Die modularen Multilevel-Wechselrichter von Stabl Energy bieten 70% weniger Energieverlust und gleichzeitig 40% geringere Betriebskosten bei nahezu gleichen Investitionskosten.

    Sand ins Getriebe des Second-Life-Konzepts streuen bisher noch die Autohersteller selbst. Für Automobilhersteller wie Tesla und Volkswagen ist die Batterie keine austauschbare Komponente, sondern ein struktureller Bestandteil ihrer Fahrzeuge, fest verschmolzen mit dem Rest des Autos. Besser sieht es bei Nutzfahrzeugen aus, da diese zwei- bis dreimal im Lauf ihres Autolebens eine neue Batterie bekommen, wenn die alte an Leistungsfähigkeit verliert. Doch auch hier gibt es Herausforderungen. «Es ist sehr schwierig, Rückläufer zu lokalisieren. Die EU arbeitet gerade am Konzept eines Batterie-Passports. Dadurch soll künftig nachverfolgt werden, wo sich die verbauten Batterien befinden, damit sie hoffentlich leichter aus den Fahrzeugen ausgebaut und wiederverwendet werden können», so Förstl. Stabl Energy setzt daher vorerst auf die Batterieproduzenten selbst. «Wir verkaufen unsere Technologie direkt an die Herstellerfirmen. Diese bauen dann beispielsweise das Gehäuse und integrieren unsere Komponenten – Batteriespeicher mit Stabl Energy inside», sagt Förstl.

    Es braucht Mut, den eigenen Weg zu gehen

    Der Smart Energy Innovationsfonds von Energie 360° begleitet und unterstützt das Münchner Start-up seit der ersten Stunde. Schon vor der Gründung wurde der erste Kontakt aufgebaut, als das Team beim IDEAward der TU München den zweiten Platz belegte. Daraus ist eine zuverlässige Partnerschaft gewachsen. Für Energie 360° birgt das Wechselrichtersystem von Stabl Energy das Potenzial, den Batteriespeichermarkt zu reformieren und die Energiewende dadurch schneller voranzubringen. «Durch die Technologie von Stabl Energy werden Batteriespeicher für viele Anwendungen auch finanziell attraktiv. Besonders die Flexibilität und die Kombination von verschiedenen Batteriemodulen in einem Batteriespeicher – sowie die einfache Wiederverwendung von Second-Life-Batterien – machen dieses Konzept extrem spannend», betont Metin Zerman, Investment Manager des Smart Energy Innovationsfonds von Energie 360°. Der Smart Energy Innovationsfonds unterstützt Start-ups, die einen Beitrag zu einer nachhaltigen und intelligent vernetzten Energiezukunft leisten.

    Nam Truong möchte Stabl Energy noch weit bringen. Die Finanzierung innovativer Ideen spielt dabei eine entscheidende Rolle.

    Gerade als Hardware-Start-up ist die Finanzierung eine Herausforderung, da mehr Kapital benötigt und langsamer skaliert wird als in klassischen Software-Unternehmen. Co-Gründer von Stabl Energy-Nam Truong kann anderen Gründer*innen daher nur den Rat geben, Mut zu fassen, trotz Unsicherheiten zu ihren Entscheidungen zu stehen und eigene Strategien fokussiert zu Ende zu führen. Auch er selbst hat einiges auf dem Weg gelernt. «Man kann die eigene Technologie nicht einfach genug erklären. Auch wenn man als Techniker oder Expertin gerne auf die genialen Details eingeht, muss man zunächst das Grosse und Ganze erklären», betont Truong.

    Nach erfolgreicher Zertifizierung plant Stabl Energy noch in diesem Jahr den Markteintritt, wie Förstl berichtet: «Wir sind stolz darauf, dass wir die harten Anforderungen für die Zertifizierungen im DACH-Raum bestanden haben und jetzt bereit sind, mit der Serienproduktion unserer Second-Life-Speicher zu beginnen. Wir freuen uns darauf, die Energieeffizienz von Unternehmen und von Industrien zu verbessern und eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten.»

    Meilensteine von Stabl Energy

    2014

    Die Universität der Bundeswehr München und die Hochschule Osnabrück beginnen die Arbeit an einem Forschungsprojekt, das eine neue Technologie für Batteriespeicher evaluiert. Die späteren Gründer Arthur Singer und Martin Sprehe wirken beim Forschungsprojekt mit.

    2018

    M-Bee belegt beim IDEAward der TU München den zweiten Platz.

    2019

    Gründung der m-Bee GmbH am 28. Januar 2019, ein erster Prototyp mit Second-Life-Batterien wird bei einem Pilotkunden installiert. M-Bee gewinnt die Handelsblatt University Innovation Challenge.

    2020

    M-Bee wird vom PV Magazine als Megawatt Winner in der Kategorie Storage ausgezeichnet. Umfirmierung der m-Bee GmbH zur Stabl Energy GmbH mit neuem Markenauftritt. Stabl Energy bezieht sein eigenes Büro und Labor in München und beschäftigt zehn Vollzeitmitarbeitende.

    2021

    Mit UVC Partners, dem Smart Energy Innovationsfonds von Energie 360°, der Initiative for Industrial Innovators und diversen Business Angels schliesst Stabl Energy eine Seed-Finanzierung von insgesamt 4,5 Millionen Euro ab. Stabl Energy erhält als eines von 65 Start-ups eine Förderung des EIC Accelerators. Co-CEO Nam Truong wird vom «Business Punk» in die Liste der Zukunftsgestalter*innen 2022 aufgenommen.

    2022

    Per Februar 2022 beschäftigt Stabl Energy 25 Mitarbeitende.

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