
Ein Gewinn für alle: Industrielle Abwärme nutzen
Heizen mit Abwärme aus der Industrie
Abwärme fällt ohnehin an. Weshalb diese also nicht sinnvoll nutzen? Von einem Fernwärmeverbund profitieren Unternehmen und die Eigentümerinnen und Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaften.

Bei industriellen Prozessen fällt häufig Abwärme an – sei es als Nebenprodukt von Hitze oder als Abwärme beim Kühlen. Viele Unternehmen nutzen diese Abwärme im Kleinen bereits über eine Rückkopplung. Die überschüssige Energie lässt sich aber umfassender nutzen: Über einen Fernwärmeverbund heizt sie Liegenschaften in der näheren Umgebung.
Möglich ist das überall dort, wo die Abwärme gesammelt und zentral anfällt. Tobias Schneebeli, Projektentwickler Lösungen bei Energie 360°, erklärt: «Als Gedankenbeispiel kann man sich das so vorstellen: Wenn in einem Büro die Raumtemperatur über das Öffnen und Schliessen der Fenster reguliert wird, dann ist’s schwierig, weil die Wärme verpufft. Wenn aber eine zentrale Lüftung die Wärme abzieht und sammelt, dann können wir sie nutzen.» Übersetzt in die Industrie heisst das etwa: Wenn ein Ofen die Wärme einfach in den Raum abstrahlt oder ein Kühlturm die Abwärme an die Umwelt abgibt, ist sie weg. Wenn aber ein zentrales System die Wärme sammelt, dann ist ein Anschluss an ein Fernwärmenetz denkbar.
Abwärme nutzen zum Heizen: So funktioniert’s
Abwärme fällt branchenunabhängig an. Eine Mindesttemperatur für deren Nutzung gibt es nicht, allerdings gilt: Je höher die Temperatur, desto besser. Wichtig ist aber vor allem die Regelmässigkeit. Tobias Schneebeli erklärt: «Wenn die überschüssige Energie nur einmal pro Woche anfällt, dann ist das für ein Fernwärmeverbund wenig attraktiv. Ebenso, wenn das Unternehmen weit weg von Siedlungen liegt.» Dies, weil dann der finanzielle Aufwand für den Bau der Leitungen oft zu hoch sei.

Grosse Verbünde und kleine Einzellösungen
Energie 360° hat in verschiedenen Branchen bereits Abwärmeprojekte umgesetzt, unter anderem mit Abwasserreinigungsanlagen und Rechenzentren. Bei einem neuen Fernwärmeverbund müssen sich etwa 50 Liegenschaften anschliessen, damit sich der Aufwand lohnt. Aber auch kleine Einzellösungen sind möglich, zum Beispiel, wenn eine Bäckerei im Erdgeschoss mit der Abwärme der Öfen über einen Wärmetauscher die Wohnungen oberhalb heizt. Finden Sie im Video heraus, wie ein Fernwärmeverbund mit Abwärme funktioniert.
Die Vorteile: nachhaltig und preiswert
Unternehmen können über einen Wärmeverbund einen wichtigen Beitrag leisten, um die Ziele der Energiestrategie zu erreichen. Sie positionieren sich damit als innovative und nachhaltige Produzentinnen und Arbeitgeber. Weil die Abwärme zudem direkt abgeleitet und genutzt wird, sparen die Unternehmen möglicherweise Stromkosten, da eine aktive Kühlung nicht mehr nötig ist. Für die Kundschaft ist der Anschluss an einen Fernwärmeverbund eine sehr nachhaltige Heizlösung. Wird diese mit Abwärme betrieben, ist zudem keine neue Wärmequelle nötig. Nicht zuletzt ist das Heizen mit Fernwärme für die Bezügerinnen und Bezüger preiswerter als andere Lösungen. Denn die Unterhaltskosten sind tief und starke Preisschwankungen bleiben aus.
Drei Fragen an...
...Markus Müller, Energiemanager bei Delica AG.

Delica AG nutzt Seewasser bereits zum Kühlen von Glace und Gebäck. Weshalb hat man sich zusätzlich für die Nutzung der Abwärme entschieden?
Einen Teil der Abwärme nutzen wir schon seit mehreren Jahren. Bei zwei der drei Kälteanlagen hatten wir bereits eine Wärmepumpe installiert. Nun haben wir alle drei Anlagen miteinander verbunden. Der grosse Vorteil dabei: Die Abwärme wird zentral an einem Ort gesammelt. Das vereinfacht die Handhabung extrem. Die Anlagen sind zwar unterschiedlich stark ausgelastet, in der Summe fällt aber immer genug Wärme an.
Wie viel spart das Unternehmen mit dieser Abwärmelösung jährlich?
Das ist schwierig zu sagen – vor allem jetzt, wo die Strompreise so hoch sind. Zusätzlich zur Energie sparen wir zudem auch bei den Unterhaltskosten, denn es sind deutlich weniger Wartungsarbeiten nötig. Ich schätze, dass wir mit dieser Lösung jährlich rund eine Viertelmillion Franken sparen.
Was raten Sie anderen Unternehmen, die ihre Abwärme ebenfalls nutzen möchten?
Meistens fällt Abwärme nicht in hohen Temperaturen an, sodass man sie beispielsweise mit einem eigenen Blockheizkraftwerk zu Strom umwandeln könnte. Deshalb lohnt es sich häufig, zunächst die Temperaturniveaus der Prozesse zu senken. Bei uns bedeutet das unter anderem, dass wir die Temperatur für das Pasteurisieren von Milch und Rahm senken möchten. Wir benötigen mindestens 85 Grad. Heute liegen die Werte aber meistens bei über 100 Grad. Es gilt die Faustregel: Mit jedem eingesparten Grad sinken die Energiekosten um bis zu 3%. Es lohnt sich also, diese Prozesse genau zu prüfen.
Die Abwärme der Delica AG wird ab 2023 in den Energieverbund Meilen eingespiesen und versorgt Liegenschaften im Zentrum und im nördlichen Gemeindeteil mit erneuerbarer Energie, die zum Heizen und zur Warmwasseraufbereitung eingesetzt wird.
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