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Von der Vision zur Praxis: So gelingt Gemeinden die Energiewende

Volketswil nutzt künftig die Abwärme eines Rechenzentrums als Energiequelle. Alexander Strasser, Gemeindeentwickler bei Energie 360°, erklärt, wie Gemeinden solche Projekte in Zusammenarbeit mit vielen Partner*innen erfolgreich umsetzen.

Publiziert 12.05.2025 Lesedauer 6 min

Alexander Strasser, Sie sind als Gemeindeentwickler tätig. Was darf man sich darunter genau vorstellen?

Ich erarbeite Energielösungen für Gemeinden, die künftig fossile Energieträger ablösen sollen. Konkret analysiere ich die Gegebenheiten vor Ort, identifiziere Energiepotenziale und entwickle daraus Konzepte. Ziel dabei ist es, die Energieversorgung in einer Kommune grossflächig nachhaltiger zu gestalten.

Sie sind also eine Art Energievisionär?

Das könnte man so sagen (lacht). Tatsächlich legen mein Team und ich mit unserer Arbeit den Grundstein für die Energieversorgung der Zukunft.

Was bringt Sie auf Ideen, die andere noch nicht sehen?

Zunächst einmal eine gründliche Analyse der Situation in der Gemeinde. Dafür studiere ich unsere, aber auch öffentlich zugängliche Daten. Wo ist ein hoher Energieverbrauch konzentriert? Welche nachhaltigen Quellen wie etwa Industrieabwärme, Seewasser oder Biogas sind verfügbar? Und: Ist die Infrastruktur vorhanden, um diese Energie auch in die Haushalte zu bringen? Durch die Beantwortung dieser Fragen erkenne ich potenzielle Abhängigkeiten, woraus Szenarien entstehen. Wichtig dabei ist, die Chancen realistisch einzuschätzen und eine Vision zu entwickeln, die für alle Stakeholder*innen greifbar und vorteilhaft ist.

Mit einem Mix aus Fachwissen, Fingerspitzengefühl und Überzeugung bringt Alexander Strasser Gemeinden und Partner*innen an einen Tisch – und damit erneuerbare Energieprojekte ins Rollen.

Was braucht es, damit die Vision auf dem Papier zu einem konkreten Projekt wird?

Ein zentraler Schritt ist, die richtigen Akteur*innen frühzeitig einzubinden. Gemeinden, Unternehmen, Grundstücksbesitzer*innen, Umweltverbände oder Bürgerinitiativen: Sie alle spielen eine entscheidende Rolle. Und ohne enge Zusammenarbeit funktioniert es nicht. Die Kunst liegt also darin, von Beginn an zu wissen, was die jeweiligen Motivationen der Stakeholder*innen sind – also ob es um den Preis, die Technologie oder das Image geht. Entscheidend ist auch, alle Beteiligten auf Augenhöhe an einen Tisch zu bringen und ihnen eine aktive Rolle im Projekt zu geben. Erst wenn alle am gleichen Strang ziehen, kann die Vision Wirklichkeit werden.

Was sind die grossen Hürden auf dem Weg zur Umsetzung?

Grundsätzlich ist die Bereitschaft, nachhaltige Energieanlagen zu fördern, gegeben. Dies, weil das Bewusstsein für Nachhaltigkeit stetig wächst und es zunehmend politische Vorgaben gibt. Meiner Erfahrung nach entscheidet am Ende die Frage nach den Kosten und der Investitionssicherheit. Fehlt da die Überzeugung, gerät das Projekt ins Stocken.

  • «Gemeinden, Unternehmen, Verwaltung und Bürgerinitiativen: Sie alle spielen eine entscheidende Rolle. Und ohne enge Zusammenarbeit funktioniert es nicht.»

    Alexander Strasser

    Gemeindeentwickler bei Energie 360°

  • In Volketswil ist es Ihnen mit dem Energieverbund gelungen, genau diese Hürden zu überwinden. Es gilt bereits heute als Vorzeigeprojekt. Wie kam es dazu?

    Ursprünglich wollte ich die Abwärme einer Industriebäckerei nutzen. Dieses Vorhaben ist aber aus verschiedenen Gründen, die ausserhalb meines Spielraums lagen, gescheitert. Danach habe ich über drei Jahre 21 mögliche Standorte geprüft, bis sich eine faszinierende Möglichkeit auftat: Das Unternehmen Vantage Data Centers plante, einen Rechenzentren-Campus zu bauen. So ergab sich plötzlich eine neue, leistungsstarke Wärmequelle.

    Ist es üblich, dass sich Projekte so verändern?

    Absolut. Entwicklungsprojekte sind dynamische Prozesse. Technologien ändern sich, Rahmenbedingungen wandeln sich, neue Partner*innen kommen dazu. Entscheidend ist, die Vision nicht aus den Augen zu verlieren, sich neu ergebende Möglichkeiten zu erkennen und offen für neue Wege zu bleiben. Und selbst wenn alles gut geplant ist: Am Ende braucht es oft auch einfach ein Quäntchen Glück, damit alles reibungslos zusammenspielt. In Volketswil hat sich genau das gezeigt.

    Vertreter der Gemeinden, des Rechenzentrums und des Kantons vollziehen in Volketswil den Spatenstich. In diesem Moment wird der Energieverbund Realität – und Alexander Strassers Arbeit sichtbar.

    Wie behalten Sie bei so vielen unvorhersehbaren Faktoren die Vision vor Augen?

    Durch klare Rollen und enge Zusammenarbeit. Ein sechsköpfiges Kernteam steuert das Projekt, nachdem es aufgegleist ist. In diesem Team weiss jede*r, was zu tun ist. Gute Abstimmung, eine klare Kommunikation und Transparenz gegenüber allen Beteiligten sind essenziell. Und wenn etwas ins Stocken gerät, gehe ich bewusst einen Schritt zurück, um Unklarheiten zu beseitigen.

    Was waren die besonderen Herausforderungen beim Projekt Volketswil?

    Zunächst die Sicherung der Energiequelle und die Suche nach einem geeigneten Standort für die Energiezentrale. Zudem fehlten teilweise die notwendigen personellen Ressourcen, was das Projekt zeitweise auszubremsen drohte.

    Was heisst das genau?

    Die Art der Energieversorgung verändert sich rasant. Und damit auch die Anforderungen an die Verwaltungen. Viele Gemeinden – ob klein oder gross – müssen zuerst noch entsprechende Fachstellen und Kompetenzen aufbauen. Dafür braucht es Geduld und ein gutes Verständnis für die politischen Prozesse.

  • «Nur wenn für alle klar ist, wohin man geht, erreicht man auch das Ziel.»

    Alexander Strasser

    Gemeindeentwickler bei Energie 360°

  • In Volketswil ist auch das gelungen. Was macht den Energieverbund besonders?

    Es ist mit einer Leistung von 80 Megawatt das grösste Projekt zur Nutzung von Rechenzentrumsabwärme in der Schweiz. Rechenzentren werden künftig noch bedeutender, denn mit dem steigenden Bedarf an Datenverarbeitung und Cloud-Diensten steigt auch deren Zahl. Ihre Abwärme wird damit zunehmend zu einer wichtigen Ressource für nachhaltige Wärmenetze. Daraus lassen sich wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Projekte gewinnen.

    Gemeindeentwicklung bei Energie 360°

    Energie 360° ist spezialisiert auf Energieverbünde und Areallösungen mit erneuerbaren Energien. Das Unternehmen begleitet Gemeinden und Städte auf dem Weg von fossiler zu erneuerbarer Energieversorgung. Das Ziel: das bestehende Gasnetz in thermische Netze zu transformieren und bis 2040 ausschliesslich nachhaltige Energie zu liefern. Alexander Strasser prägt diesen Wandel massgeblich mit. Zusammen mit seinen Kolleg*innen betreut er Gemeinden in der ganzen Schweiz und treibt die Energiewende konkret vor Ort voran.

    Erleben Sie aktuell eine grössere Nachfrage nach solchen Energieverbünden?

    Definitiv. Die gesetzlichen Vorgaben zur Abkehr von fossilen Brennstoffen wirken wie ein Katalysator. Energie 360° hat sich als umsetzungsstarke Partnerin etabliert. Das schafft Vertrauen und sorgt dafür, dass die Anfrage stetig wächst.

    Was würden Sie anderen Gemeinden oder Partner*innen raten, die ein ähnliches Projekt starten möchten?

    Es lohnt sich, Potenziale wie die Abwärme aus Rechenzentren zu nutzen, die heute oft noch brachliegen. So wird aus einem vermeintlichen Abfallprodukt eine wertvolle Ressource, um Gemeinden mit Wärme zu versorgen. Ist ein solches Projekt nicht vorhanden, zeigen sich bei einer Analyse vielleicht andere lokale Energiequellen, die sich nutzen liessen. So oder so rate ich Gemeinden und Unternehmen, solche Transformationsprozesse zu überprüfen. Denn gerade im Zusammenspiel mit bestehenden Infrastrukturen lassen sich oft überraschende Lösungen finden. Mit dieser Weitsicht gelingt uns ein Schritt in eine ressourcenschonende und klimafreundliche Zukunft.

    Sie möchten für Ihre Gemeinde erneuerbare Energien nutzen?

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